Windkraft Monopoly der hessischen Landespolitik 2013

Wem dient und wer verdient an der „politischen Planwirtschaft Hessens“ mit „billigem Windstrom“?

In den Städten und Gemeinden Hessens werden über alle Parteigrenzen hinweg Debatten über die Eignung von Standorten für Windkraft geführt. Dabei dürften die Rahmenbedingungen zur Verteilung von Gewinnen aus der Stromerzeugung mit Windkraft das eigentliche Thema der Agenda sein und schon weitestgehend festliegen.

Im Folgenden sollen die Zusammenhänge anhand von Beispielen und Akteuren plastisch und verständlich dargestellt werden:

Hessen Forst

So ist im Entwurf der hessischen Landesregierung zum „Landesentwicklungsplan vom Juni 2012“ der Verweis auf „HessenForst“ für Windkraftstandorte im Besonderen herausgestellt. Was eine wettbewerbsverzerrende Privilegierung zu Gunsten von Hessen Forst darstellt. Demnach sollen 80% der Windpotentialflächen in Hessischen Wäldern liegen. Das TÜV-Süd-Windgutachten aus dem Jahre 2011 sieht gerade für Waldgebiete ein besonders hohes Konfliktpotential, nicht nur aus naturschutzfachlicher Sicht! Wirtschaftliche Aspekte, wie höhere Kosten für Anlagenbau zur Projektierung  machen Windkraft in Waldgebieten für den Stromkunden teurer als es notwendig wäre. Verdient doch das Land Hessen unmittelbar an Windanlagenstandorten. Offenbar möchte oder muss die hessische Landesregierung auf diese Weise ihren „Deals“ mit Energieversorgungsunternehmen aus der Vergangenheit nachkommen.

Auch gibt es vielerorts schon Verträge zwischen Netzbetreibern, HessenForst, Gemeinden, Projektfirmen und weiterer Akteure. Windkrafträder in hessischen und „bevorzugt“ landeseigenen Wäldern aufzustellen, gilt mittlerweile als politische Zielvereinbarung. Da wird schon mal vorschnell „die Axt im Staats-Wald“ angelegt, wenn es trotz schützenswerter Baumbestände, wie in Biebergemünd im Spessart, ums Geld geht. Denn 343 000 Hektar Wald sind in Staatseigentum. 6 Windräder befinden sich auf Staatswaldflächen in Bau und 54 weitere sind unter Vertrag. So die Angaben von HessenForst. Hier dürften „noch einige mehr“ dazukommen. Es gibt zwar noch keine rechtsverbindlichen Regionalpläne, aber dafür offenbar rechtsverbindliche Verträge unter den beteiligten Akteuren im Windkraft-Monopoly. Ein Gemeinderat aus dem Spessart meinte gar: „…man wisse nicht, welche Flächen HessenForst ausweisen werde…“. Vielleicht war eine solche Aussage nur eine „Tollität des Karnevals 2013“. Ob HessenForst überhaupt eine Planungskompetenz für sich in Anspruch nehmen darf, ist in Frage zu stellen. Eine auffällige Häufigkeit der Zusammenarbeit besteht ganz offenbar zwischen HessenForst und dem Darmstädter Energieversorger HSE. Mithin auch in der osthessischen Gemeinde Burghaun. Da wurde durch den Energieversorger HSE schon 2009 aktiv Einfluss auf Standortplanungen für HessenForst Flächen im Gemeindegebiet ausgeübt. Ein Konkurrenzstandort für Windkraft und zudem landesplanerische Windvorrangfläche im „Offenlandbereich“ konnte durch Hilfe des Bürgermeisters durch eine rechtswidrige „Verhinderungsplanung nach BauGB“ und mit Hilfe des Regierungspräsidiums Kassel aus dem Rennen geworfen werden. Auch gab es schon in der Vergangenheit andere Kooperationen zwischen Hessen Forst und dem südhessischen Energieversorger HSE. So in Haiger, im Lahn-Dill-Kreis oder bei Schlüchtern im Grenzgebiet der Landkreise Fulda / Main Kinzig Kreis. Da sind wirtschaftliche Zielvereinbarungen lange vor einem „Hessischen Energiegipfel“ 2011 getroffen worden. Unabhängige Planungskompetenzen der Behörden scheinen nicht gewahrt worden zu sein. So gab es Unisono sogar eine gemeinsame Presseerklärung von Hessen Forst und dem Leiter der Regionalen Planungsversammlung Nordhessen in der HNA vom 28.01.2013, wonach eine gute Zusammenarbeit zwischen Hessen Forst und Planungsbehörde bei der Ausweisung von Windanlagenstandorten herausgestellt wird. HSE hat seit langem Verträge im Vorfeld mit Hessen Forst vereinbart, um direkten wirtschaftlichen Einfluss auf Standortplanungen zu nehmen.

Stadtwerke und Stromversorger / HSE – Darmstadt

Stellvertretend für andere Stadtwerke und Kommunalbetriebe ist die HSE Darmstadt ein Beispiel dafür, wie man auf diese Weise „strategische Partnerschaften“ organisiert hat. Die Stadt als Hauptanteilseigner (ca.93%) des Energiekonzerns HSE, ist hoch verschuldet und musste unter den hessischen Rettungsschirm schlüpfen. Der Aktienrückkauf von E.ON Anteilen von 40% an der HSE-Darmstadt, konnte im Jahre 2012 nur über eine Bürgschaft von 205 Mio. €  geschultert werden. Die IHK Darmstadt bezeichnet auf Grundlage eigener Berechnungen, das 280 Mio. € teure Vorhaben, als ein „nicht kalkulierbares Risiko für die Zukunft“. Der Vorsitzende des Aufsichtsrates der HSE gab sich im Sommer 2012 jedoch zuversichtlich was den Rückkauf bzw. Weitergabe des neu erworbenen Aktienpaketes angehe. So könne man sich vorstellen, Städte und Gemeinden als Anteilseigner zu gewinnen. Ist hiermit der größte Verbund an Kommunalwerken in Deutschland, mit dem Namen Thüga gemeint?  Eine Beteiligung der Thüga am Aktienpaket der HSE Darmstadt wäre eine naheliegende Option. Wobei die HSE-Darmstadt seltsamer Weise im Geschäftsbericht der Thüga noch 2011 aufgeführt wird, obwohl die HSE doch ein eigenständiges und unabhängiges Unternehmen ist?!

 

Thüga (Stadtwerkeverbund)

Die Thüga war bis 2009 eine hundertprozentige E.ON Tochter, die für 2,9 Milliarden Euro in ein neues Eigentümerkonsortium aus Stadt- und Gemeindewerken überführt wurde. Durch Kredite aus einem Verbund von Sparkassen und Volksbanken wurde der „Club-Deal“ erst ermöglicht. Neben den bisherigen großen Stromproduzenten aus E.ON, EnBW, RWE und Vattenvall, ist die Thüga nach eigenen Angaben der fünftgrößte Energieversorger Deutschlands. So ist ein neues „Marktkartell aus Kommunalwerken“ entstanden, das auf die Strompreise für die Verbraucher Einfluss nehmen wird. Ob ein großer Zusammenschluss von ca. 100 kommunalen Versorgungsunternehmen für die „Strom- und Wasserkunden“ in Deutschland wirtschaftlich sinnvolle Synergien in Form von moderaten Verbraucherpreisen erbringen wird, sei mal dahin gestellt. Warum die Thüga im Moment ca. 25%, ihrer Anteile (über 1 Millarde Euro) an einen bisher „nicht genannten Investor“ zwecks Kapitalerhöhung veräußern möchte, lässt sich u.a. mit den Expansionsplänen im Energiesektor erklären. Eine andere Erklärung für den Kapitalbedarf ist, dass es im „Beteiligungskarussell“ finanziell eng geworden sein könnte und erwünschte wirtschaftliche Synergieeffekte bisher ausblieben. Das Thüga Finanzierungsmodell erinnert sehr an „Kreditleasinggeschäfte“, um die Anteilserwerbe an Kommunalwerken überhaupt wirtschaftlich stemmen zu können. Man leiht sich bei den Banken Geld, um damit Anteile an Kommunal- u. Stadtwerken zu erkaufen. Praktisch kann man nur Spekulationen auf die weitere Entwicklung der Thüga Holding anstellen. Eigentlich sollten die Haftungsrisiken und Rückzahlungsverpflichtungen der Kommunalbetriebe, die sich an die Thüga gebunden haben, bekannt sein. Handelt es sich doch um Vermögen der Kommunen bzw. deren Bürger! Und welche Vereinbarungen bestehen bei Zahlungsausfällen? Wer tritt hier in Haftung? Wie werden die Gewinne verteilt? – Also sich durchaus berechtigte Fragen stellen, die der Beantwortung bedürfen. Auch der Landkreis Fulda / Osthessen, möchte das eigene kommunale Energieversorgungsunternehmen „ÜWAG-GWV“ bis Sommer des Jahres 2013 mit voraussichtlichen 20% anteilig an die Thüga veräußern. Hierbei geht es aller Voraussicht nach um wirtschaftliche Synergien, die eine „Privatisierung kommunaler Versorger durch die Hintertür“ vorbereiten. Also 25% Kapitalerhöhung der Thüga für Großinvestoren?!

 

Markt und Preise

Es wurde noch nie so günstig Strom auf dem Energiemarkt angeboten. Denn eigentlich müssten die Verbraucherpreise sinken. Regionale Energie- und Bedarfskonzepte hätte man für Hessen forcieren und entwickeln können und müssen. Dezentrale Verbundstrukturen wären in einem heterogenen Energiemarkt die Lösung für bezahlbare Strompreise und echten Wettbewerb. Aber das scheint für die Zukunft gar nicht das gewünschte Ergebnis der politisch Verantwortlichen zu sein.

Die Aufteilung des Strommarktes für Erneuerbare Energien in Hessen erfährt gerade die letzten juristischen Winkelzüge. Verschachtelte Beteiligungen von Kommunalwerken und Stromkonzernen lassen eine nötige Transparenz vermissen. Da wird es nur wenig Platz für echte Bürgerenergie- oder Windparkprojekte geben. Zu verlockend sind die Gewinne, die mit hocheffizienten Windkraftanlagen zu erzielen sind. Zusätzliche Marktteilnehmer, die eine „Energiewende in Bürgerhand“ propagieren, haben in einem so hart umkämpften Markt kaum Chancen zum „Zug“ zu kommen. Anders gesagt: „der „Zug“ ist schon lange abgefahren und die Verbraucher als „zahlende Fahrgäste“ wissen nicht, wohin die Reise gehen wird“.

Kommunalpolitik

Auf kommunaler Ebene der Politik sollen sich Gemeinde- und Stadtparlamente als Zeichen einer „vermeintlich demokratischen Kultur“ Debatten über das Für und Wider von Windkraftstandorten liefern, damit die eigentliche Frage nach der Wertschöpfung von den Bürgermeistern großzügig ausgeklammert werden kann und nicht in unangenehmer Weise thematisiert werden muss. Wie kann man ein Ergebnis um die Windkraftplanungen in Hessen vorwegnehmen und gleichzeitig so tun, als ob es sich um planungsrechtlich einwandfreie Verfahren handeln würde?

Aber wer bezahlt eigentlich den Strom?

Genau hier sollte die Standort- und Strompreisdebatte ansetzen. Doch an die hohen Steuereinnahmen mit derzeit 45% des Strompreises hat sich der Staatshaushalt nur zu gerne gewöhnt. Verdient man doch an steigenden Stromverbraucherpreisen. Auch die Stromkonzerne überziehen ihre Kunden mit überhöhten Forderungen zur Umsetzung der Energiewende. Nach Berechnungen des Bundes der Energieverbraucher verlangen die Energieversorger Deutschlands 2,1 Milliarden Euro zu viel von ihren Kunden. So die dpa-Meldung vom November 2012. Die staatlich veranschlagten Mehrkosten für die Energiewende seit 2010 betragen um die 6% und nicht 12% wie von den Stromversorgern im Durchschnitt derzeit gefordert. Die Verbraucher sollten die Preiserhöhungen für 2013 ihrer Stromanbieter noch einmal genau unter die Lupe nehmen.

Die politisch Verantwortlichen in den Gemeinde- und Stadtparlamenten der „Windanlagenstandort-Kommunen“ in Hessen sollten “niedrigere Stromendkundenpreise” für ihre Bürger einfordern, wenn Anlagen in ihren Gemeindegebieten aufgestellt werden. – Zumindest könnten dann alle Stromkunden in besagten Windstandort-Kommunen einen unmittelbaren wirtschaftlichen Nutzen für sich ableiten. Denn die haben auch die Anlagen vor der Nase. Technisch wäre das ohne weiteres machbar. Deshalb sollte es eine parteiübergreifende Initiative in den Kreis-, Stadt- u. Gemeindeparlamenten geben, die sich für eine solche Regelung stark macht.

Dieter Krach, Burghaun den 06.04.2013

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